Rechtliche Grundlagen und Zeitbedarf:

Die artenschutzrechtlichen Prüfung basiert auf den Schutzbestimmungen für ausgewählte Tier- und Pflanzenarten, die in zwei europäischen Richtlinien, der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (kurz: FFH-Richtlinie) und der Vogelschutz-Richtlinie sowie im nationalen Naturschutzrecht (Bundesnaturschutzgesetz) verankert sind.

Die in § 7 BNatSchG genannten besonders oder streng geschützten Tier- und Pflanzenarten benötigen aus Sicht des Gesetzgebers einen besonderen Schutz und für sie gelten strenge Schutzbestimmungen (§ 44 BNatSchG). Danach sind alle Handlungen verboten, die zu einer Tötung, Zerstörung oder Verletzung dieser Arten und ihrer Fortpflanzungsstadien bzw. zu einer Zerstörung von Wuchsorten, Nistplätzen, Gelegen, Fortpflanzungs- und Ruhequartieren, Rastplätzen usw. führen. Außerdem sind Störungen dieser Arten (z. B. durch Lärm, Licht, Abgase, Erschütterungen, sonstige Beunruhigung) verboten. Derartige Handlungen sind zu unterlassen bzw. zu vermeiden, so dass die genannten Verbotstatbestände nicht eintreten. Vorhaben in Gebieten mit Vorkommen solcher geschützter Arten können somit trotzdem realisiert werden, wenn durch geeignete, speziell auf diese Arten abgestimmte Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen die Auswirkungen für diese Arten vermieden oder sehr gering gehalten werden, so dass ihre Bestände nicht beeinträchtigt werden bzw. im räumlichen Zusammenhang erhalten bleiben. Auch können zusätzliche, sogenannte vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (CEF-Maßnahmen) durchgeführt werden, die die zu erwartenden Beeinträchtigungen ausgleichen und dazu beitragen, dass die Größe und Qualität ihrer Vorkommen (Erhaltungszustand der Arten) sich im Gebiet nicht verschlechtern. Diese vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen müssen realisiert sein und funktionieren, bevor der Eingriff (also z. B. die Baumaßnahme) durchgeführt wird. Eine Ausnahmeprüfung nach § 45 BNatSchG kann im Einzelfall erfolgen.

 

Vorhaben:

Alle Vorhaben, die Umweltbelange berühren, sind in der Regel auch artenschutzrechtlich zu betrachten. Dazu gehören zunächst alle Vorhaben, für die ein Planfeststellungsverfahren oder ein anderes Genehmigungsverfahren ohnehin vorgeschrieben ist, so z. B. Straßenbaumaßnahmen, Freileitungen, Kabeltrassen, Gasleitungen, Windkraftanlagen, Solarparks, Industrieanlagen, Deponien, Gewässerausbau u.a.. Auch für Renaturierungsmaßnahmen an Fließgewässern ist die Erstellung eines Artenschutzfachbeitrags notwendig. Im Rahmen der Bauleitplanung (B-Plan-Verfahren, Flächennutzungsplan-Änderungen) gehört ein artenschutzrechtlicher Fachbeitrag zum Umweltbericht.

 

Arten nach § 7 BNatSchG

Alle europäischen Vogelarten sind aufgrund der Europäischen Vogelschutzrichtlinie (Art. 1) grundsätzlich artenschutzrechtlich bedeutsam. Da Vögel fast überall vorkommen, gibt es auch kaum einen Bereich, wo eine artenschutzrechtliche Betrachtung nicht erforderlich ist. Auch alle Fledermäuse sind  nach Artenschutzrecht zu beachten. Da auch Fledermäuse sich in allen möglichen Hohlräumen, Nischen und Ritzen an Bäumen und Gebäuden aufhalten, ist diese Tiergruppe regelmäßig im Artenschutzfachbeitrag zu behandeln. Dazu kommen weitere Tiergruppen (z. B. Reptilien, Amphibien, Schmetterlinge, Käfer) sowie einige Pflanzenarten. Dabei werden sowohl die durch Kartierungen nachgewiesenen Arten, wie auch bei nicht untersuchten Tiergruppen die anhand der Habitatstrukturen anzunehmenden potentiellen Arten zu betrachten und alle Beeinträchtigungen zu vermeiden (Potenzialabschätzung). Die Kartierungen dürfen nicht älter als 5 Jahre sein.

 

Vorgehensweise

Da oft nicht eindeutig klar ist, ob ein artenschutzrechtlicher Fachbeitrag anzufertigen ist und welche Tiergruppen untersucht werden müssen, erfolgt eine Abstimmung bei der zuständigen Genehmigungs- oder Naturschutzbehörde. Auch die genauen Untersuchungsmethoden sollten mit der Behörde abgestimmt werden (Screening).

Aufgabe des Fachgutachterbüros ist es dann gemäß den Vorgaben die Kartierungen und die Potentialabschätzung durchzuführen. Für die Untersuchung der betroffenen Tier- und Pflanzenarten ist in aller Regel eine Untersuchungszeit von März bis September erforderlich. Hinzuzurechnen sind in einigen Fällen z.B. bei der Windkraftnutzung die Zugzeiten im Frühjahr und Herbst oder auch das Winterhalbjahr (Überwinterungsgebiete, Winterquartiere von Fledermäusen u.a.).

Das Fachbüro ermittelt auch gemeinsam mit den Planern die durch das Vorhaben ausgelösten Wirkfaktoren. Darauf aufbauend wird eine Abschichtung der relevanten, zu prüfenden Arten vorgenommen. Die Abschichtungsliste wird nochmals mit der Behörde abgestimmt.

Für die Arten mit günstigem Erhaltungszustand muss eine einfache Prüfung durchgeführt werden, für die Arten mit ungünstig-unzureichendem oder ungünstig-schlechtem Erhaltungszustand erfolgt eine Art-für Art-Prüfung in den Prüfbogen gemäß der Vorlage des Artenschutz-Leitfadens. Danach erfolgt die Planung und Durchführung von Vermeidungs- und Ausgleichsmaßnahmen.

 

Zeitbedarf

Die Erstellung des Artenschutzfachbeitrags inkl. Kartierung kann also zwischen einem halben und bis zu 1,5 Jahren dauern. Es ist bei der Planung von Vorhaben zudem zu bedenken, dass die artenschutzrechtlichen Vermeidungs- und Ausgleichsmaßnahmen zwingend durchgeführt sein müssen, bevor der Eingriff stattfindet (also z. B. der betreffende Baumbestand gerodet oder ein Gebäude abgerissen wird) und dass sie auch funktionieren müssen. Für bestimmte Maßnahmen (z. B. Baumfällung, Baulärm) sind außerdem in der Regel bestimmte Zeitfenster zu beachten, die gewährleisten, dass die Gefährdung artenschutzrechtlich bedeutsamer Arten minimiert wird. Diese bauzeitlichen Beschränkungen müssen mit den Planern vorab abgestimmt werden und bei der Vorhabensplanung unbedingt mit berücksichtigt werden, um unnötige Mehrkosten zu vermeiden. Das Gutachterbüro wird Ihnen bereits während der Erstellungsphase des Artenschutzfachbeitrags sagen können, worauf Sie sich einstellen müssen. Absehbare und unstrittige Maßnahmen können in Absprache mit den Fachbehörden frühzeitig begonnen werden, um Zeit zu sparen.

Bei kleineren Vorhaben, die keine oder sehr geringe artenschutzrechtliche Auswirkungen aufweisen, sind mögliche Auswirkungen mit einfachen Maßnahmen (Aufhängen von Nistkästen, Fledermauskästen, Bauzeitregelung) sehr gut vermeidbar oder ausgleichbar. In solchen Fällen kann auf eine Kartierung von Arten und eine umfangreiche textliche Abarbeitung verzichtet werden und es genügt in den meisten Fällen eine Potenzialeinschätzung. Hierbei findet nur eine einmalige Gebietsbegehung durch den Gutachter sowie u.U. eine einmalige Kontrolle bestimmter Habitatstrukturen (z. B. Baumhöhlen, potenzielle Fledermausquartiere an Gebäuden etc.) statt. Dies wird im Artenschutzfachbeitrag festgehalten. Der Zeitbedarf für die Prüfung ist somit gering.

 

 

Vorgaben und Leitfäden zum Artenschutz:

Hessen:

„Leitfaden für die artenschutzrechtliche Prüfung in Hessen.- 2. Fassung“ des Hessischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (Hmuelv, 2011).

Leitfaden „Berücksichtigung der Naturschutzbelange bei der Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen (WKA) in Hessen“ vom 29.11.2012 des Hessischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.

Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten: Abstandsempfehlungen für Windenergieanlagen zu bedeutsamen Vogellebensräumen sowie Brutplätzen ausgewählter Vogelarten (Helgoländer Papier, (Stand: April 2015)

Niedersachsen:

Arbeitshilfe: „Naturschutz und Windenergie: Hinweise zur Berücksichtigung der Naturschutzes und der Landschaftspflege bei der Standortplanung und Zulassung von Windenergieanlagen. Niedersächsischer Landkreistag, Entwurf 2014

Thüringen:

Leitfaden zum Artenschutz in Bearbeitung

 

 

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